Fallstudie zu Projekten des Globalen Fonds und der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit in der Kirgisischen RepublikGulnaz Isabekova, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt B06 "Rohstoffboom und Sozialpolitik in autoritären Regimen. Mittel strategischer Machtsicherung?", stellte ihr Buch "Stakeholder Relationships and Sustainability. The Case of Health Aid to the Kyrgyz Republic" am 24. November 2023 vor.
Die meisten durch Entwicklungshilfe finanzierten Programme sind nach dem Ende der projektbezogenen Finanzierung nicht nachhaltig und die Gesundheitshilfe ist keine Ausnahme von dieser Tendenz. Zu den Hauptproblemen gehören Doppelarbeit, die eingeschränkte Berücksichtigung des lokalen Kontexts und der Ausschluss der Hilfeempfänger von der Planung und Durchführung der Programme. Mehrere internationale Abkommen zielten darauf ab, diese Probleme durch eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Gebern und Empfängern von Entwicklungshilfe zu lösen. In diesem Buch werden die Auswirkungen der Beziehungen zwischen den Beteiligten auf die Nachhaltigkeit der Gesundheitshilfe am Beispiel zweier Gesundheitsprogramme in der Kirgisischen Republik analysiert. Das Land ist das einzige in der Region Osteuropa und Zentralasien und eines der wenigen weltweit, das den sektorweiten Ansatz in der Gesundheitshilfe vollständig umgesetzt hat. Dieser Ansatz, der sich an der nationalen Politik und den Verfahren der Regierung des Hilfeempfängers (und nicht der Leistungserbringer) in einem bestimmten Sektor orientiert, soll die Nachhaltigkeit der Hilfe gewährleisten, deren Ziele und Mittel von den Empfängern bestimmt werden.
Dieses Buch konzentriert sich auf Gesundheitsprojekte, die vom Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria (Globaler Fonds) und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) finanziert werden und leistet die folgenden theoretischen und empirischen Beiträge: Erstens zeigt es anschaulich die sich verändernde Machtdynamik zwischen Gebern und Empfängern von Hilfe auf und bietet eine neue bzw. sektorspezifische Perspektive auf die Abhängigkeit von der Hilfe. Zweitens werden spezifische Mechanismen aufgezeigt, durch welche die Beziehungen zwischen den Beteiligten die Nachhaltigkeit der Gesundheitshilfe und ihrer einzelnen Komponenten beeinflussen. Sie argumentiert für eine asymmetrische Kausalbeziehung zwischen den beiden Phänomenen und legt nahe, dass die Art der Beziehung und nicht die Häufigkeit der Interaktionen für die Nachhaltigkeit der Hilfe entscheidend ist. Drittens enthält dieses Buch aus empirischer Sicht einzigartiges Primärmaterial und bietet damit neue Erkenntnisse über die Entwicklungshilfe in der Region, die in der Entwicklungsforschung meist vernachlässigt wird.
Die Analyse von zwei Projekten in Kirgisistan ist zwar kontextspezifisch, zeigt aber dennoch die Probleme auf, die auch in anderen Entwicklungsländern auftreten, die unter dem Mangel an finanziellen und personellen Ressourcen leiden. Die empirischen und theoretischen Erkenntnisse dieses Buches erweitern die strukturellen Probleme und Möglichkeiten für die Nachhaltigkeit der Gesundheitshilfe. Dieses Wissen ist für die laufenden und abgeschlossenen Gesundheitsprojekte von entscheidender Bedeutung, insbesondere im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, welche die Belastung der Gesundheitssysteme und der externen Hilfe erhöht hat. Aus diesem Grund werden die Ergebnisse dieses Buches nicht nur Akademikern, sondern auch Praktikern zugute kommen, die in der Entwicklungshilfe für das Gesundheitswesen in Kirgisistan und darüber hinaus tätig sind.
Die wichtigsten Ergebnisse dieses Buches wurden am 24. November 2023 an der Universität Bremen vorgestellt und diskutiert. Dabei bestand die Möglichkeit, sowohl on- als auch offline an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Weitere Einzelheiten finden Sie hier.
Bevor Gulnaz Isabekova 2018 ihre Stelle im SFB 1342 "Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik" antrat, war sie Teil des Marie Skłodowska-Curie Actions Innovative Training Network "Around the Caspian". Gulnaz war auch Länderkoordinatorin für Kirgisistan für das Projekt "Varieties of Democracy" (V-dem) an der Universität Göteborg in Schweden. Sie nahm an mehreren Forschungsprojekten teil, die von der American University of Central Asia, dem Norwegian Institute of International Affairs, der UNESCO, der AIDS Foundation East-West in den Niederlanden und der laufenden Forschung von Winrock International organisiert wurden. Vor ihrer Tätigkeit im akademischen Bereich arbeitete Gulnaz als Projektmanagerin und Expertin im privaten und gemeinnützigen Sektor.
Veröffentlichungen:
Heinrich, A. and Isabekova, G. (2023). Multidrug-Resistant Tuberculosis in the Post-Soviet Region. A Tale of Vulnerability through Labor Migration. In: Mossig. I. and Obinger, H. (Eds.). Mapping Global Dynamics of Social Policy (pp. 56-59). Uni-Druckerei Bremen. ISSN (Online) 2629-5741.
Isabekova, G. (2022). Treatment at risk: issues and opportunities for access to tuberculosis treatment in Armenia. In: I. Ilja Michels, H. Stöver and D. Deimel (Eds.), Drug Cultures and Policy in Germany, Central Asia and China, Nomos, 237-257.
Heinrich, A., Isabekova. G., Müller, A., Pleines, H. (2022). Causal mechanisms in the introduction of mandatory health insurance in the post-Soviet region. In: J. Kuhlmann and F. Nullmeier (Eds.), Causal Mechanisms in the Global Development of Social Policies, Palgrave Macmillan 141-165.
Isabekova, G. (2020). Mutual learning on the local level: The Swiss Red Cross and the Village Health Committees in the Kyrgyz Republic. Global Social Policy 21(1), 117-137.
Isabekova, G. and Pleines, H. (2020). Integrating development aid into social policy: Lessons on cooperation and its challenges learned from the example of health care in Kyrgyzstan. Social Policy & Administration, online first.
Isabekova, G. (2019). The Contribution of Vulnerability of Labour Migrants to Drug Resistance in the Region: Overview and Suggestions. European Journal of Development Research 31, 620-642.
Isabekova, G. (2019). Diverse health care developments: the role of national and international actors. In S. An, T. Chubarova, B. Deacon, P. Stubbs (Eds.), Social policy, poverty and inequality in Central and Eastern Europe and the former Soviet Union (pp. 235-260). Ibidem Press. ISBN-13: 978-3-8382-1308 Add to Citavi project by ISBN-87.
Kontakt:Dr. Gulnaz Isabekova