News aus dem Teilprojekt A05


A05-Workshop am 25.10.2024 am Sonderforschungsbereich 1342

Am 25. Oktober veranstaltete das Projekt A05 "Die globale Entwicklungsdynamik von Inklusivität und Leistungsumfang staatlicher Bildung" einen Workshop mit dem Titel "25 Years of Global Education Agendas: Emerging Actors, Evolving Mechanisms, and Changing Interests", um die entscheidenden Veränderungen in den globalen Bildungsagenden der letzten fünfundzwanzig Jahre zu untersuchen. Der vom Projektteam A05 organisierte Workshop beleuchtete das Auftreten neuer Akteur*innen, sich entwickelnde politische Mechanismen und sich verändernde Prioritäten in der globalen Bildungslandschaft. Zu den Teilnehmer*innen gehörten sieben renommierte Wissenschaftler*innen aus internationalen Institutionen, das lokale Projektteam und eingeladene Kommentator*innen aus Berlin und Hamburg.

Patricia Bromley von der Stanford University referierte über den Diskurs zu globalen Bildungsreformen. Gemeinsam mit Co-Autor*innen analysiert sie die Art und Weise, wie internationale Organisationen Bildungsreformen weltweit fördern und darüber berichten. Im Anschluss daran stellte Dennis Niemann von der Universität Bremen die Ansätze internationaler Organisationen im Bereich der Bildung von Flüchtlingen und Migranten aus einer Mixed-Methods-Perspektive dar und bot Einblicke in die politischen Rahmenbedingungen, die den Bildungsbedürfnissen dieser Gruppen Rechnung tragen.

Clara Fontdevila und Antoni Verger von der Universitat Autònoma de Barcelona (UAB) referierten über die Konzeptualisierung groß angelegter nationaler Bewertungen von Schüler*innenleistungen und erörterten, wie diese Bewertungen entwickelt und eingesetzt werden, um Bildungsergebnisse auf nationaler Ebene zu messen. Marina López Levy, ebenfalls von der UAB, konzentrierte sich auf die Entwicklung groß angelegter Lernkontrollen in Lateinamerika und zeichnete sowohl den historischen Verlauf als auch die regionalen Anpassungen dieser Mechanismen im Laufe der Zeit nach.

Jane Gingrich von der University of Oxford untersuchte die Einstellung der Öffentlichkeit zur Hochschulbildung. Julian Garritzmann von der Universität Frankfurt referierte über den Einfluss der Parteipolitik auf die Massenhochschulbildung und untersuchte, wie verschiedene politische Ideologien die Ausweitung der Hochschulbildung beeinflussen. Beide beleuchteten die Überschneidung zwischen Politik und Bildungspolitik, insbesondere im Rahmen der Massenbildung. Gita Steiner-Khamsi vom Teachers College, Columbia University, schloss die Vorträge mit einer Reflexion über die Diskussionen des Tages. Sie betonte die Auswirkungen globaler Bildungskampagnen auf die Politik sowie den Zeitpunkt und die Abfolge der sich ändernden Bildungsagenden.

Kommentator*innen aus Berlin und Hamburg lieferten wertvolle Perspektiven, gingen auf die Auswirkungen dieser Studien ein und boten vergleichende Einblicke in Bildungsreformen in verschiedenen Regionen. Diese Beiträge regten zu lebhaften Diskussionen an und ermöglichten es den Teilnehmer*innen, die Komplexität regionaler und globaler Wechselwirkungen in der Bildungspolitik zu ergründen.

Der Workshop ermöglichte einen dynamischen Austausch über die Rolle und die Auswirkungen der verschiedenen Akteur*innen in der globalen Bildungsreform. Die Teilnehmer*innen setzten sich mit Fragen zur Rechenschaftspflicht, zur Wirksamkeit von groß angelegten Prüfungen und zu den soziopolitischen Faktoren auseinander, die den Bildungsdiskurs prägen. Durch die Förderung eines kollaborativen Umfelds stärkte der Workshop das Gemeinschaftsgefühl unter Forscher*innen und Praktiker*innen und förderte so die zukünftige Zusammenarbeit und den fachlichen Austausch. Die Veranstaltung unterstrich die Bedeutung interdisziplinärer Perspektiven und machte deutlich, dass sich Bildung zu einer globalen Priorität entwickelt, die von verschiedenen Interessengruppen geprägt wird. Künftige Veranstaltungen werden auf diesen Diskussionen aufbauen und weiter erforschen, wie sich Bildungssysteme weiterentwickeln können, um sowohl globalen als auch lokalen Bedürfnissen gerecht zu werden.


Kontakt:
Dr. Fabian Besche-Truthe
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-57066
E-Mail: fbesche@uni-bremen.de

Dr. Helen Seitzer
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik, Institut für Interkulturelle und Internationale Studien
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-57065
E-Mail: seitzer@uni-bremen.de

Dr. Helen Seitzer
Dr. Helen Seitzer
Mithilfe dieser Anschubfinanzierung wird Seitzer ein automatisiertes Textanalyseverfahren entwickeln, um Dokumente internationaler Organisationen auszuwerten.

Helen Seitzer wird vom 1. Juni 2022 bis zum 31. Dezember 2022 mit dem Seed Grant des Data Science Center (DSC) der Universität Bremen gefördert. Mit der Anschubfinanzierung wird ihr Forschungsprojekt "The origins of expertise: Where does IO-knowledge originate from?" unterstützt, in dem Seitzer die Herkunft der Expertise von bildungsbezogenen internationalen Organisationen untersucht. Für diese Arbeit müssen Hunderte bis Tausende Textdokumente ausgewertet werden. Um diesen Prozess zu beschleunigen, entwickelt Seitzer ein automatisiertes Textanalyseverfahren, um aus PDF-Dateien Informationen zu Bibliographien und Zitationen zu extrahieren. Seitzer wird dieses Verfahren zunächst am Beispiel der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) anwenden, im Anschluss soll es aber auch auf andere Organisationen übertragbar sein und so auch Vergleiche ermöglichen.

Inhaltlich geht es Seitzer bei ihrer Arbeit darum, den bisher allgemein anerkannten Expertenstatus internationaler Organisationen im Bereich Bildung und Bildungsreformen genauer zu untersuchen. Konkret geht es darum herauszufinden, woher die Wissensbasis der Expertise dieser einflussreichen Organisationen stammt. Nutzen sie Ergebnisse aus aktueller Forschung oder wird sich wiederholt auf Forschungsergebnisse aus den eigenen Reihen bezogen bzw. werden nur wenig zentrale Dokumente genutzt? Diese Forschungsarbeit ist angebunden an das SFB-Teilprojekt A05 Die globale Entwicklungsdynamik von Inklusivität und Leistungsumfang staatlicher Bildung, das von Kerstin Martens und Michael Windzio geleitet wird.

Der DSC Seed Grant

Mit dem DSC Seed Grant werden Vorhaben gefördert, die zur Vernetzung von Arbeitsgruppen aus unterschiedlichen Fachbereichen der Universität Bremen beitragen und so den Grundstein für interdisziplinäre Forschungsprojekte im Kontext von Data Science legen. Das übergeordnete Ziel des DSC Seed Grant ist es, exzellente Forschung im Bereich Data Science voranzutreiben. Die Fördersumme beträgt in der Regel bis zu 2.500 EUR pro Antragssteller:in.


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Dr. Helen Seitzer
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In einem gemeinsamen, bei Palgrave Macmillan erschienenen Sammelband untersuchen die quantitativen Projekte des SFB 1342, ob und wie die globale Verbreitung einer Vielzahl von sozialpolitischen Programmen über verschiedene Netzwerkdimensionen erfolgt.

"Networks and Geographies of Global Social Policy Diffusion. Culture, Economy and Colonial Legacies", herausgegeben von Michael Windzio, Ivo Mossig, Fabian Besche-Truthe und Helen Seitzer, ist der sechste Band des SFB 1342 in der Reihe Global Dynamics of Social Policy, die bei Palgrave Macmillan erscheint. Auf 272 Seiten analysieren die Autor*innen die Einführung eines breiten Spektrums sozialpolitischer Programme - Arbeitsunfallversicherung, Schulpflicht, Erwachsenengrundbildung, öffentliche Gesundheitsversorgung, öffentliche Langzeitpflege, Familienpolitik und Antidiskriminierungsgesetzgebung. Sie verwenden Daten, die bis ins Jahr 1880 zurückreichen, und suchen nach dem Einfluss globaler Netzwerke auf die Verbreitung dieser Politiken. In dieser Perspektive werden Netzwerke des globalen Handels, der Kolonialgeschichte, der kulturellen Ähnlichkeit und der räumlichen Nähe als "Kanal-Strukturen" oder strukturelles Rückgrat des Diffusionsprozesses betrachtet.

Die Gesamtergebnisse zeigen, dass die Bedeutung internationaler Verflechtungen, die durch verschiedene Netzwerktypen erfasst werden, in den untersuchten Sozialpolitiken nicht homogen ist. "Die Ergebnisse legen nahe, dass räumliche Nähe in dieser Hinsicht der wichtigste Netzwerk-Faktor ist", schreiben Carina Schmitt und Herbert Obinger in ihrer Zusammenfassung des Buches. "Räumliche Nähe impliziert starke internationale Verflechtungen in vielerlei Hinsicht, wie grenzüberschreitende Migration, kulturelle Bindungen und Handelsbeziehungen. Darüber hinaus sind alle diese Verflechtungen ein Indiz für eine intensive grenzüberschreitende Kommunikation, die weithin als Hauptvoraussetzung für die Verbreitung politischer Maßnahmen angesehen wird." Interessanterweise wurden weder koloniale Bindungen noch Handelsbeziehungen als wichtige Erklärungsfaktoren identifiziert.

In allen Kapiteln dieses Buches wurden auch die wichtigsten innerstaatlichen Faktoren untersucht, die zur Einführung der jeweiligen sozialpolitischen Programme beigetragen haben, denn nur das Zusammenspiel von internationalen Verflechtungen und nationalen Faktoren erklärt die Einführung und Verbreitung von sozialpolitischen Maßnahmen.

Nachfolgend finden Sie eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse für die einzelnen sozialpolitischen Programme

Arbeitsunfall-Programme

Nate Breznau und Felix Lanver haben Staatsbildungs- und Demokratisierungsprozesse als zentrale Antriebsfaktoren für die Einführung von Arbeitsunfallprogrammen identifiziert. Räumliche Nähe und Handelsbeziehungen haben ebenfalls einen positiven, aber geringeren Effekt.

Schulpflichtige Bildung

Helen Seitzer, Fabian Besche-Truthe und Michael Windzio fanden heraus, dass das Netzwerk kultureller Ähnlichkeit bei der Verbreitung der Schulpflicht durchweg von Bedeutung war. Koloniale Einflüsse und Handelsnetzwerke hingegen zeigten keine signifikanten Ergebnisse. "Die Forschung zur Verbreitung von Bildungspolitik sollte wirtschaftliche Faktoren nicht ignorieren", schreiben die Autoren, "sondern neben den 'üblichen Verdächtigen' auch kulturelle Faktoren einbeziehen."

Grundbildung für Erwachsene

Kulturelle Ähnlichkeit hat im Fall von Grundbildung keinen robusten Einfluss, schreibt Fabian Besche-Truthe. "Alle Ergebnisse lassen mich an einen Diffusionsprozess glauben, der zwar nicht völlig erratisch ist, aber auch nicht durch Interdependenzen zwischen den Ländern strukturiert ist", interpretiert er seine Daten.

Gesundheitssysteme

Handelsnetzwerke können die Politikdiffusion in diesem Fall nicht erklären, stellen Alexander Polte, Sebastian Haunss, Achim Schmid, Gabriela de Carvalho und Heinz Rothgang fest. Auch die Verbindungen, die durch kulturelle Ähnlichkeit und koloniale Bindungen entstehen, bieten keine universelle Erklärung für die Einführung von Gesundheitssystemen. "Basierend auf unserem Wissen über Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt gehen wir vielmehr davon aus, dass eher die Art als der Zeitpunkt der Systemeinführung durch transnationale Politikdiffusionsnetzwerke beeinflusst wird", schreibt das Autorenteam. Die Einführung von Gesundheitssystemen fand vor allem in wirtschaftlich wohlhabenden Ländern vor dem Zweiten Weltkrieg statt, der Effekt des BIP nimmt in den nachfolgenden Perioden ab. Darüber hinaus sinkt der Effekt der räumlichen Nähe im Laufe der Zeit, während der Effekt von Handelsnetzwerken zuzunehmen scheint.

Langzeitpflegesysteme

Johanna Fischer, Alexander Polte und Meika Sternkopf haben mehrere Faktoren identifiziert, die die Einführung von Langzeitpflegesystemen begünstigen, wobei sie feststellten, dass wir uns in diesem Bereich der Sozialpolitik noch in der frühen Phase der Verbreitung befinden. Abgesehen von der geografischen Nähe scheint es keine horizontale Diffusion über Netzwerke zu geben. Vielmehr hängt die Einführung von Langzeitpflegesystemen vom Problemdruck (Bevölkerung 75+), der politischen Stellung der Frau, dem Pro-Kopf-BIP und dem Grad der Demokratisierung ab.

Familienpolitik

Der bezahlte Mutterschaftsurlaub ist ein Paradebeispiel für die Agenda-Setting-Macht der ILO. Tobias Böger, Keonhi Son und Simone Tonelli haben herausgefunden, dass koloniale und andere imperiale Beziehungen eine wichtige Rolle bei der Entstehung anderer familienpolitischer Maßnahmen außerhalb Westeuropas spielen, z. B. bei der Einführung von Kinderbetreuungseinrichtungen am Arbeitsplatz. Die Einführung von Familienbeihilfen wie z.B. das Kindergeld wird durch niedrige Fruchtbarkeitsraten gefördert. 

Antidiskriminierungsgesetze in Beschäftigung und Beruf

Mit Ausnahme des Netzwerks der geografischen Nähe spielen die von Jenny Hahs untersuchten Netzwerke keine bedeutende Rolle als Verbreitungsweg. "Der Einfluss der ILO-Mitgliedschaft verlangsamt die Wirkung der Ratifizierung eher, als dass er sie unterstützt", folgert Hahs. "Überraschenderweise ist der Einfluss des nationalen De-jure-Status von Antidiskriminierungsrechten völlig irrelevant. Dies spricht für eine Entkopplung von transnationaler und nationaler Regulierung im Bereich der Antidiskriminierungsrechte."

Antidiskriminierungsvorschriften am Arbeitsplatz für die LGBTQ+-Gemeinschaft

Innerstaatliche Faktoren, vor allem der Demokratisierungsindex und der Gleichstellungsindex, haben einen sehr starken positiven Einfluss auf die Einführung von Antidiskriminierungsvorschriften, schreibt Helen Seitzer in ihrem Beitrag. "Das interessanteste Ergebnis der Analyse ist der negative Effekt des Netzwerks der kulturellen Sphären. Länder mit gemeinsamen kulturellen Merkmalen rufen keine Übertragungen hervor, im Gegenteil, sie verlangsamen die Verbreitung. Allerdings könnte dies nur für einige Länder der Fall sein."

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Windzio, Michael; Mossig, Ivo; Besche-Truthe, Fabian; Seitzer, Helen (Hg.), 2022: Networks and Geographies of Global Social Policy Diffusion. Culture, Economy and Colonial Legacies, Global Dynamics of Social Policy, Cham: Palgrave Macmillan, doi:10.1007%2F978-3-030-83403-6


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Dr. Fabian Besche-Truthe
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Die GLOBED-Absolventin Cherine Sabry, die von SFB-Mitglied Kerstin Martens mitbetreut wurde, präsentiert ihre Ergebnisse auf dem AEMS-Symposium 2021 an der Indiana University.

Cherine Sabry hat vor kurzem den Masterstudiengang GLOBED (Global Education Policies for Development) abgeschlossen, der gemeinsam von der Universitat Autónoma de Barcelona (Spanien), der Universität Bremen (Deutschland) und der Universität von Zypern angeboten wird. Sie hat ihre Abschlussarbeit (2. Betreuerin Kerstin Martens, Teilprojekt A05, des SFB 1342) über regionale Bildungsorganisationen in der arabischen Welt geschrieben, wobei sie sich auf den Fall der Arab League Educational, Cultural and Scientific Organization (ALECSO) konzentriert.

Sie stellt ihre Ergebnisse heute auf dem 2021 Virtual Symposium on Advancing Education in Muslim Societies (AEMS) vor. Sie liefert neue Erkenntnisse über die Rolle regionaler Organisationen bei der Gestaltung von Bildungspolitik in der arabischen und muslimischen Welt und darüber, wie diese Politik durch die Interaktion zwischen regionalen und globalen IOs geprägt wird. Unter Verwendung eines postkolonialen Analyserahmens hat Sabry die Veröffentlichungen der ALESCO und ihrer Partnerorganisationen untersucht. Die Daten wurden durch Interviews mit derzeitigen und ehemaligen ALECSO-Mitarbeiter*innen ergänzt.

In ihrer Analyse stellt Sabry fest, dass die ALECSO zwischen zwei Trends hin- und hergerissen ist - einerseits will die ALECSO der westlichen Hegemonie in der Region entgegentreten und die arabische Kultur und Sprache fördern bzw. bewahren; andererseits beeinflusst die unbestreitbare Dominanz bestimmter globaler IOs die Arbeit der ALECSO, so dass sie diesen globalen IOs nacheifert, z.B. globale Richtlinien und Kriterien zur Messung der Bildungsqualität verwendet. Diese inkonsistente Strategie in Verbindung mit dem Mangel an qualifiziertem Personal, so Sabry, führe zu einem Rückgang der Rolle, die die ALECSO bei der Gestaltung der Bildungspolitik in der arabischen Welt spiele.

Sie können ein Video von Cherine Sabrys Präsentation herunterladen, das zuvor aufgezeichnet wurde: Regional Education Organizations in the Arab World


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Keonhi Son, Helen Seitzer
Keonhi Son, Helen Seitzer
Seitzer hat ihre Doktorarbeit in Teilprojekt A05 zu transnationaler Bildungspolitik geschrieben, Son in Teilprojekt A06 zur Inklusivität von Mutterschutzprogrammen im weltweiten Vergleich.

Helen Seitzer hat ihre Doktorarbeit mit dem Titel "Conceptualizing the Transational Education Policymaking Process from a Relational Perspective" Anfang Oktober verteidigt. Teile ihrer Arbeit hat sie bereits in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht.

Keonhi Son hat ihre Arbeit ("The Influence of the ILO Maternity Protection Conventions on the historical development of paid maternity leave in the world") am 25. Oktober 2021 verteidigt. Darin argumentiert Son, dass Beschäftigte im informellen Sektor, insbesondere Frauen, im Globalen Süden von der Anwendung internationaler Arbeitsnormen ausgeschlossen sind aufgrund der Art und Weise, wie die Staaten diese Normen übersetzen und umsetzen. Dieses Argument konnte Son testen anhand einer Datenbank zu bezahltem Mutterschutz in 165 Ländern zwischen 1883 und 2018, die sie in Zusammenarbeit mit weiteren Mitgliedern des Teilprojektes A06 aufgebaut hatte.

Weitere Verteidigungen von Doktorarbeiten im SFB 1342 folgen in den nächsten Tagen und Wochen.


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Dr. Keonhi Son
Mannheimer Zentrum für europäische Sozialforschung (MZES)
A5, 6 (Gebäudeteil A)
68159 Mannheim
Tel.: +49 621 181-2803
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Es war die erste Veranstaltung des SFB 1342 mit internationalen Gästen in Bremen seit dem ersten pandemiebedingten Lockdown.

On Friday, October 8, 2021, the CRC project A05 hosted an international workshop on "Developments and Changes in Education Systems across Global 'Cultural Spheres'" in Bremen. The event took place in a hybrid format with about 20 participants present on the scene. For the CRC 1342 it was the first workshop since the beginning of the pandemic that was attended by international guests in Bremen.

The workshop was structured in four slots, focussing on Education policies and reforms, School autonomy, Expertise and skills, as well as Education and culture. Each of the nine presentation was followed by an in-depth feedback by a discussant and an open discussion with the audience.

Patricia Bromley (et al.) from Stanford University looked at global causes for education reforms worldwide by analyzing the changing role of the World Bank and International Non-Governmental Organizations (INGOs) in 147 countries between 1960 and 2017. In this period, Bromley found a sharp drop in the levels of national education reforms. She also found evidence of changing power dynamics: The influence of World Bank loans in promoting education reform declined over time, while the influence of INGOs grew.

Fabian Besche-Truthe, Helen Seitzer and Michael Windzio (all CRC 1342) presented their concept of Cultural Spheres and their influence on the diffusion of compulsory education around the world.  Countries can be tied by sharing a multitude of cultural characteristics, defined by a variety of variables like dominant religion(s), dominant language, colonial history, gender relations, or civil freedom. The result is a fuzzy typology of cultural spheres. The authors’ hypothesis is that the introduction and configuration of state education correspond to world regions and cultural spheres. And in line with this expectation, makro-statistical analysis of the introduction dates of compulsory education shows that cultural spheres considerably mediate the diffusion of compulsory education.

Michael Windzio (CRC 1342) then presented the results of an explorative study on the effects of culture on the gender gap in education, i.e. the probability of women getting only little/low level education. By drawing on the World Value Survey and on its data on secular and emancipative data in particular, Windzio defines eight country classes. His statistical analysis shows that “culture matters” for the gender education gap – countries belonging to the traditional religious class show a higher tendency towards low education, and women in these countries are considerably disadvantaged.

Gerard Ferrer and Antoni Verger (both Universitat Autònoma de Barcelona) looked at school autonomy and accountability. According to their findings, market-oriented accountability systems tend to have higher levels of autonomy. There is some evidence on the convergence of certain policies of school autonomy and accountability at the level of practice: there seems to be evidence of convergence of school autonomy policies (staff, school budget and curriculum) and robust evidence of convergence of autonomy policies on school admission, derived from an increase of the selection practices based on the students’ record.

Michael Dobbins (University of Konstanz) and Dennis Niemann (CRC 1342) introduced a refined approach to look at school autonomy by presenting four ideal-types of school autonomy: the civic participation model, the school competition model, the professional (teacher) self-steering model, and the hierarchical (school management) self- steering model. As an example of how to use their ideal types, Dobbins and Niemann calculated the relationship between the school autonomy constellation in European countries and each country’s PISA performance.

Manuel Souto-Otero (Cardiff University) and Piotr Bialowoski (Harvard University) presented their research on how skills prioritisation and conceptions of education (narrow vs. broad) vary by social class. They found that (1) class differences exist and (2) that those in the middle classes prioritise different sets of skills than individuals in the working class and they also conceive education in a broader way, e.g. opportunities to learn are more often associated with non-formal and informal learning contexts.

Aaron Benavot (University at Albany-SUNY) has explored regional and variation over time in school knowledge and textbook content in primary and secondary education and discussed the cultural underpinnings of such variation. Jane Gingrich (University of Oxford) presented on the politics of differentiation reforms in secondary education, and Gita Steiner Khamsi (Columbia University/Graduate Institute of International and Development Studies) on evidence and expertise in educational politics.

Each presentation was followed by an in-depth feedback by a discussant and an open discussion with the audience.


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Fabian Besche-Truthe
Fabian Besche-Truthe
In seiner kumulativen Arbeit gelang es Besche-Truthe, drei für gewöhnlich isolierte Ansätze zur Untersuchung der Entwicklung von Bildungssystemen zu einem Ansatz zu integrieren.

Fabian Besche-Truthe hat am Montag seine kumulative Doktorarbeit erfolgreich verteidigt. Besche-Truthe, der in Teilprojekt A05 Die globale Entwicklung, Diffusion und Transformation von Bildungssystemen promoviert, hat in seiner Arbeit drei üblicherweise isoliert verwendete Forschungsansätze zur Untersuchung der Entwicklungsdynamiken von Bildungssystemen zu einem heuristischen Ansatz kombiniert. Seine Arbeit basiert auf seinen drei Aufsätzen:

  • The Global Trajectories of Compulsory Education: Clustering Sequences of Policy Development, in: Martens, Kerstin; Windzio, Michael (2021): Global Pathways to Education - Cultural Spheres, Networks, and International Organizations. Palgrave Macmillan: Cham. S. 65-96.
  • The Global Diffusion of Adult Basic Education, in: Windzio, Michael; Mossig, Ivo; Besche-Truthe, Fabain; Seitzer, Helen (im Erscheinen): Networks and Geographies of Global Social Policy Diffusion. Culture, Economy and Colonial Legacies, Global Dynamics of Social Policy. Palgrave Macmillan: Cham.
  • (mit Helen Seitzer): Testing for the Money? Developing Aid Distribution Patterns and Educational Assessments. (in der Begutachtung)


Die Forschung zur Entwicklung von Bildungssystemen konzentriert sich für gewöhnlich entweder auf (1) die nationale Faktoren, (2) zwischenstaatliche Beziehungen oder (3) transnationale Akteure und Diskurse. Fabian Besche-Truthe kombiniert diese drei Ansätze in seinen Aufsätzen und adressiert damit in der Empirie bislang unberücksichtigte Aspekte.


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Dr. Dennis Niemann
Dr. Dennis Niemann
Wie beeinflussen Internationale Organisationen die globale Entwicklung von Sozialpolitik? Der vierte Band der SFB-finanzierten Reihe bei Palgrave Macmillan geht dieser Frage nach. Mit Co-Herausgeber Dennis Niemann haben wir über das Buch gesprochen.

Das Ziel eures Buches ist, die "architecture of arguments in global social governance" zu analysieren. Vereinfacht ausgedrückt, geht ihr in zwei Schritten vor: Zunächst kartiert ihr das Feld (welche IOs engagieren sich zu welchen sozialpolitischen Themen?), dann untersucht ihr den Diskurs (mit welchen Strategien versuchen die IOs, ihren Ideen und Konzepten Gehör zu verschaffen?). Fangen wir mit dem ersten Teil an: Vor gut 100 Jahren war das Feld noch übersichtlich, mit der ILO gab es genau eine IO, die sich mit Sozialpolitik beschäftigte und noch heute existiert. Wie hat sich das Feld bis heute erweitert und ausdifferenziert?

Dennis Niemann: Stimmt, der generelle Trend, dass es spätestens seit Ende des Zweiten Weltkriegs immer mehr internationale Organisationen gibt, lässt sich auch in der Sozialpolitik finden. Überaschenderwiese gibt es einige zentrale Akteurinnen, die hier annähernd das gesamte Spektrum der Sozialpolitik umspannen. Die OECD, die ILO und die Weltbank tauchen immer wieder auf und prägen diverse Bereiche. Aber auch die UNESCO, die Bildungs-, Wissenschafts-, und Kulturorganisation der UN, findet sich in vielen Sozialpolitikfeldern. Wir konnten aber auch beobachten, dass die Gesamtpopulation der Sozialpolitik-IOs mit der Zeit diverser wurde. Nicht nur die großen, bekannten IOs engagieren sich, sondern auch viele, teils regionale IOs traten auf den Plan, sozialpolitische Themen abzudecken: z.B. ASEAN, African Union oder Mercosur.

Viele IOs haben ihr Portfolio im Laufe der Zeit um sozialpolitische Themen erweitert bzw. ihr sozialpolitisches Portfolio auf weitere Felder ausgedehnt. Warum ist das so?

Dennis Niemann: Für die Gründe lassen sich zwei maßgebliche Faktoren anführen. Zum einen wurden die IOs quasi aktiv von ihren Mitgliedsstaaten beauftragt, sich mit bestimmten sozialpolitischen Themen zu beschäftigen - auch wenn sie da historisch gesehen keine große Expertise hatten. Zum Beispiel wurde die OECD, deren thematischer Schwerpunkt auf Wirtschaftspolitik lag, in den 1980er-Jahren von einigen Mitgliedsstaaten damit beauftragt, ein Instrument zu entwickeln, um nationale Bildungsleistungen zu vermessen. Heraus kam PISA und heute ist die OECD eine zentrale IO in der internationalen Bildungspolitik. Generell ist Bildungspolitik mit 30 aktiven IOs besonders dicht bevölkert. Zum anderen war diese thematische Expansion aber auch innerorganisatorischen Faktoren geschuldet. D.h. die IOs erweiterten proaktiv ihr Portfolio. Dies geschah etwa, weil sie dadurch ihre eigentliche Kernmission besser erfüllen konnten.

Nicht zu vernachlässigen ist ferner, dass bestimmte Politikfelder diskursiv um eine sozialpolitische Komponente erweitert wurden. Beispielsweise hat sich die Interpretation von Wasser als eine natürliche Ressource um eine sozialpolitische Komponente erweitert: Wasser und der Zugang dazu ist ein soziales Gut.

Kommen wir zum zweiten Teil, den Diskursen. In den sozialpolitischen Feldern sind mitunter sehr viele IOs aktiv. Üben sie sich dabei in Kooperation oder in Konkurrenz?

Dennis Niemann: Sowohl als auch. Natürlich sind die fundamentalen Sichtweisen bestimmter IOs auf Prioritäten in der Sozialpolitik durchaus divers und teils bipolar. Wo die eine Seite ökonomische Effizienz bevorzugt, wollen andere IOs zuvorderst gesellschaftlichen Zusammenhalt garantiert sehen. Diese beiden Blickwinkel sind oftmals schwerlich unter einen Hut zu bringen. Aber unmöglich ist das nicht. Wir sehen, dass bei zahlreichen Initiativen pragmatische Ansätze verfolgt werden und IOs aus unterschiedlichen "Familien" in konkreten Projekten produktiv zusammenarbeiten. Die Weltbank, OECD und ILO haben beispielsweise seit 2008 in der Familienpolitik einen gemeinsamen Ansatz entwickelt. Ähnliches lässt sich auch in Bereichen der Jugendarbeitslosigkeit und der Migration von Health Care Workers beobachten.

Ihr schreibt, dass die Tendenz zur Kooperation in den letzten ca. 10 Jahren zugenommen hat. Warum ist das so?

Dennis Niemann: Nun, ich denke, dass unterschiedliche IOs – vielleicht auch durch begonnene, eher niedrigschwellige Kooperationsprojekte – zunehmend ihre programmatischen Sichtweisen integrieren können. Wir sollten aber nicht vergessen, dass bei Sozialpolitik oftmals verschiedene Ideen weiterhin konkurrieren; nur vielleicht nicht mehr in Fundamentalopposition. Für erhöhte Kooperation spielt sicherlich auch eine Rolle, dass bestimmte Werte universeller und gültiger wurden. Ein Kristallisationspunkt hierfür waren die Millennium Development Goals und die Sustainable Development Goals der UN. Sie etablierten auch bestimmte normative Referenzpunkte für IOs in der Sozialpolitik, an denen diese ihr Argumentieren und Handeln zunehmend ausrichten. Und eine gemeinsame Wertebasis erleichtert Kooperation dann doch ungemein.

Einige IOs sind dominant im sozialpolitischen Diskurs. Welche Faktoren führen dazu, dass eine IO ein Feld dominiert oder zumindest eine einflussreiche Position einnimmt?

Dennis Niemann: In erster Linie wohl Timing und Ressourcen. Wenn IOs den Zeitgeist treffen, genießen sie eine zusätzliche Legitimation, die es ihnen ermöglicht sozialpolitische Diskurse zu bestimmen. IOs, denen auch die notwendigen Mittel zur Umsetzung ihrer programmatischen Vorgaben zur Verfügung stehen, können natürlich prägender wirken als IOs, denen diese Mittel zur Reichweitengenerierung fehlen.

Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Der Einfluss von IOs auf die Sozialpolitik ist in der Vergangenheit gestiegen. Wird sich dieser Trend fortsetzen oder in einigen Bereich sogar umkehren?

Dennis Niemann: Die Glaskugel ist hier natürlich etwas vernebelt, aber prinzipiell haben wir in der Vergangenheit eigentlich immer einen Bedeutungsanstieg von IOs in der Sozialpolitik gesehen. Mir fallen momentan wenige Gründe ein, die eine Trendumkehr heraufbeschwören würden. Was ich mir allerdings vorstellen könnte, und was sich teilweise auch abzeichnet, ist, dass einzelne IOs an Bedeutung verlieren und andere, z.B. die Big Players, noch bigger werden. Ebenfalls könnte sich die diskursive Lagerbildung wieder etwas stärker ausprägen. Generell sollte man aber die sozialpolitischen Outcomes nicht außer Betracht lassen. Solange die IOs "liefern", also für sozialpolitische Problemlagen Lösungswege aufzeigen und diese mitgestalten können, werden sie weiterhin zentrale Akteurinnen in diesem Feld sein und uns noch vor viele spannende Forschungsaufgaben stellen.

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Lesen Sie das gesamte Buch, kostenfrei als Open-Access-Publikation:
Kerstin Martens, Dennis Niemann, Alexandra Kaasch (Hrsg.)(2021): International Organizations in Global Social Governance. Palgrave Macmillan. Cham


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E-Mail: dniemann@uni-bremen.de

Buch vier der Serie, herausgegeben von Kerstin Martens, Dennis Niemann und Alexandra Kaasch, beleuchtet den Einfluss Internationaler Organisationen auf die Entwicklung verschiedener sozialpolitischer Felder.

Internationale Organisationen (IOs) sind wichtige politische Akteure, die die Entwicklung vieler sozialpolitischer Felder beeinflussen. Der Sammelband "International Organizations in Global Social Governance" vertieft und systematisiert unser Verständnis davon, welche Rolle IOs in der globalen Sozialpolitik spielen.

In 14 Kapiteln beleuchten die Autor*innen das Engagement von IOs in den sozialpolitischen Feldern Arbeit, Migration, Familie, Bildung sowie Umwelt und Gesundheit. Sie erfassen dabei, welche IOs am Diskurs innerhalb eines Feldes beteiligt sind und welche Trends sie setzen. Die Autor*innen untersuchen dabei auch den Diskurs innerhalb der IOs und zwischen diesen. Damit leistet dieses Buch einen wesentlichen Beitrag zur Forschung über Sozialpolitik und internationale Beziehungen, sowohl was die theoretische Fundierung als auch den Umfang und die Tiefe der Empirie betrifft.

Das Buch basiert auf einem internationalen Workshop des SFB-Teilprojekts A05 "Die globale Entwicklung, Diffusion und Transformation von Bildungssystemen", der im Mai 2019 an der Universität Bremen stattfand.

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Lesen Sie das gesamte Buch, kostenfrei als Open-Access-Publikation:
International Organizations in Global Social Governance


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Helen Seitzer
Helen Seitzer
Helen Seitzer, Dennis Niemann und Kerstin Martens haben untersucht, welche Rolle das Thema "PISA" in bildungspolitischen Pubilkationen der OECD spielt: gar keine so große. Warum PISA trotzdem seinen Siegeszug antrat, erklärt Seitzer im Interview.

Für ihr Paper haben Helen Seitzer, Dennis Niemann und Kerstin Martens fast alle zwischen 1961 und 2018 veröffentlichten Dokumente untersucht, die in der Online-Bibliothek der OECD mit dem Stichwort "Bildung" gekennzeichnet sind. Dabei stellten sie fest, dass PISA in diesen Publikationen keineswegs ein so dominantes Thema ist, wie man angesichts der Popularität von PISA in den Massenmedien wie auch in der wissenschaftlichen Diskussion vermuten könnte. "Der Großteil der OECD-Publikationen befasst sich überhaupt nicht mit PISA oder der weiterführenden Schulbildung. Die meisten Publikationen zum Thema Bildung befassen sich mit Finanzen, Management oder dem Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt", schreibt das Autor*innenteam. Die Erstautorin Helen Seitzer erläutert die Ergebnisse im Interview.

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Wenn du den Anteil der OECD-Publikationen beziffern müsstest, in denen PISA diskutiert wird - wie hoch wäre dieser?

Helen Seitzer: Viele OECD-Publikationen zum Thema Bildung enthalten in der einen oder anderen Weise Verweise auf PISA, aber der Gesamtanteil der Berichte, in denen PISA allein besprochen wird, liegt bei etwa 10 % bis 17 % aller Publikationen, je nach dem Zeitraum der Analyse. Es gibt zwar ein paar Dokumente zu PISA, bevor PISA überhaupt begonnen hat (die Diskussion über PISA begann 1995), aber damals hieß es noch nicht PISA und die Publikationen wurden nicht ausdrücklich als solche gekennzeichnet.

Ist der Wert hoch oder niedrig im Vergleich zu anderen Bildungsthemen, die in OECD-Publikationen diskutiert wurden (und was waren diese anderen prominenten Themen)?

Seitzer: In der Bildungsforschung, die sich mit der OECD beschäftigt, scheint es so, als ob PISA das einzige Thema ist, auf das sich die OECD konzentriert. Manchmal scheint es, als ob sich Diskussionen über die "OECD" automatisch auf "PISA" beziehen. So gesehen ist der Prozentsatz der Dokumente, in denen nur über PISA diskutiert wird, wirklich gering. Die wenigen Studien, die andere Arbeiten der OECD analysieren, sind noch sehr begrenzt und beziehen sich oft auf PISA oder nehmen es als Ausgangspunkt für ihre Untersuchungen (so wie wir). Allerdings beschäftigt sich die OECD mit sehr viel mehr Themen als PISA, vor allem mit arbeitsmarktbezogenen Fragen, aber auch Management und Planung der Hochschulbildung zum Beispiel werden sehr oft diskutiert.

Eure Analyse umfasst den Zeitraum 1961 bis 2018. Ist der Anteil des Themas PISA innerhalb der OECD-Publikationen immer noch gering, wenn man die jüngeren Jahre, sagen wir seit 2000, betrachtet?

Seitzer: Wenn man nur die Dokumente seit 2000 einbezieht, macht PISA etwa 17% aller Dokumente aus. Das sind rund 90 Dokumente in 8 Jahren allein zu PISA. Die OECD ist in der Bildungspolitik unheimlich produktiv.

Welche anderen Themen tauchen in letzter Zeit in den OECD-Publikationen auf?

Seitzer: Im Laufe der Zeit ist das Volumen der behandelten Themen gestiegen, ähnlich wie die Anzahl der Publikationen pro Jahr. In letzter Zeit sind die Themen "Schulfinanzierung", "ICT-Kompetenzen", "Arbeitsmarktkompetenzen und berufliche Bildung" und "Arbeitsmarktregulierung und Erwachsenenbildung" häufiger diskutiert worden, um nur einige zu nennen. Es gibt eine Zunahme an Themen, die den "Skills"-Begriff beinhalten, aber auch von Themen, die speziell die Erwachsenenbildung betreffen. Tatsächlich sieht es so aus, als ob der obligatorische Teil der Bildung (Primar- und Sekundarstufe) nicht so sehr ins Gewicht fällt.

Sagt euch das etwas? Sind z.B. Verschiebungen zu sehen?

Seitzer: Seit der Gründung der OECD im Jahr 1961 hat sich die Welt sehr verändert, und damit auch die Organisation. Natürlich ändert sich daher im Laufe der Zeit, was diskutiert wird. Am Anfang lag der Fokus eher darauf darzustellen, wie Bildungssysteme aufgebaut sind und was die Länder brauchen, um ihre Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg zu unterstützen. Dann gab es um 1975 eine weitere Verschiebung des Schwerpunkts hin zur Hochschulbildung. Es wurden mehr Diskussionen über das Management der Hochschulbildung und die Innovation von Hochschulsystemen geführt als zuvor. Jetzt stehen Technologie (ICT) und Erwachsenenbildung stärker im Vordergrund. Die Arbeitsmarktorientierung war dabei jedoch immer präsent.

Lass uns einen Blick darauf werfen, warum PISA in der jüngeren Vergangenheit so viel Aufmerksamkeit erhalten hat und - was noch wichtiger ist - einen solchen Einfluss auf die Politikgestaltung hat. Was ist deine Erklärung?

Seitzer: In dem Papier diskutieren wir, dass PISA seinen Erfolg zum Teil der Organisationsform der OECD, dem Zeitpunkt, an dem die Studie eingeführt wurde, und der Strategie, die sie anwendet, verdankt. Die OECD hat ein ‚policy window‘ gefunden, als PISA gestartet wurde, und die geeignete Person, um PISA zu "verkaufen": Andreas Schleicher (‚Policy-Entrepreneur‘). Die OECD präsentierte eine Lösung für ein Problem (das sie selbst überhaupt erst als Problem definiert hatten) den richtigen Leuten, zur richtigen Zeit. Die Autorität der OECD, gepaart mit der Forderung nach evidenzbasierter Politikgestaltung, schuf die perfekte Gelegenheit um PISA zu etablieren.

Ist es richtig, zu sagen, dass die OECD selbst in die Schaffung dieses Gelegenheitsfensters investiert hat, um ihre eigene Position als etablierter Akteur in der Global Governance zu sichern?

Seitzer: Sie hatten definitiv ihre Hand im Spiel, um das policy window zu gestalten, indem sie Berichte veröffentlichten und die Effektivität des Bildungssystems problematisierten. Dies kann jedoch nicht der einzige Grund sein. Es gab andere IOs mit anderen Studien, die zeitgleich aktiv waren (und es immer noch sind), die aber nicht so erfolgreich sind. Die OECD hat sich als rationaler Akteur etabliert, um Einschätzungen von Schülerleistungen zu liefern, die von den Ländern durchgeführt werden müssen, um ernst genommen zu werden. Ihre Gestaltung von PISA und die Informationen, die sie liefern kann, aber auch das Netzwerk von Experten und politischen Entscheidungsträgern, über das die IO verfügt, sind sicherlich mitverantwortlich für den Erfolg von PISA. Die Beobachtung, dass die OECD in der Lage war, sich als Branchenführer zu etablieren und diese Position beizubehalten, macht es umso interessanter und wichtiger, die Aktivitäten und den Einfluss der IO zu untersuchen.

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Lesen Sie das vollständige Paper (open access):
Helen Seitzer, Dennis Niemann & Kerstin Martens (2021): Placing PISA in perspective: the OECD’s multi-centric view on education. In: Globalisation, Societies and Education, DOI:10.1080/14767724.2021.1878017


Kontakt:
Dr. Helen Seitzer
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik, Institut für Interkulturelle und Internationale Studien
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
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