Teilprojekt B05 (2022-25)

Inklusions- und Leistungsdynamiken im chinesischen Wohlfahrtsregime

Seit den 1990er-Jahren ist der Sozialversicherungsschutz in der Volksrepublik China erheblich ausgeweitet worden. Gleichzeitig bestehen nach wie vor Lücken zwischen dem formalen und dem faktischen Versicherungsschutz, enorme regionale Unterschiede und eine starke Abhängigkeit von der informellen Sozialversicherung. Es kam zu einer Aufsplitterung der Programme in eine relativ großzügige Sozialversicherung für städtische Angestellte und eine rudimentäre Bürgerversicherung für die Landbevölkerung und Wanderarbeiter.

In der ersten Phase konzentrierte sich das Projekt auf die Einführung von Sozialversicherungsprogrammen. In der zweiten Phase analysieren wir, wie sich diese Programme und die damit verbundenen sozialpolitischen Maßnahmen von den 1990er-Jahren bis 2020 in Bezug auf Inklusivität und Leistungsumfang entwickelt haben.

Konkret wollen wir mit diesem Projekt einen Beitrag zum Verständnis sozialpolitischer Dynamiken in den Risikofeldern Alter, Krankheit, Mutterschaft und Arbeitslosigkeit leisten.  Wir fragen nach einer möglichen Konvergenz des Leistungsumfangs zwischen Arbeitnehmer- und Bürgerversicherung, inwieweit informelle Praktiken und politische Repression die Eingliederungsdynamik beeinflussen und inwieweit globale wirtschaftliche Verflechtungen und ideelle Verflechtungen in der ostasiatischen Region Veränderungen in der Reichweite und Generosität beeinflussen. Zur Beantwortung dieser Fragen erheben wir zunächst Daten zu Inklusivität und Leistungsumfang für die vier sozialpolitischen Bereiche. Besonderes Augenmerk wird dabei auf geschlechtsspezifische Unterschiede gelegt. Anschließend werden die Daten im Hinblick auf nationale und internationale Einflüsse analysiert und interpretiert.

Die Datenaufbereitung und -analyse erfolgt nach einem Mixed-Methods-Ansatz. Zunächst werden quantitative Daten (aus Jahrbüchern und Umfragen) und qualitative Daten (aus Verwaltungsdokumenten, Feldforschung, Experteninterviews und Publikationen chinesischer Wissenschaftler) getrennt erhoben und ausgewertet. Zusätzlich zu den qualitativen Inhaltsanalysen werden wir auch ökonometrische Ansätze und quantitative Textanalysen verwenden. Im Anschluss daran triangulieren und validieren wir die Ergebnisse der verschiedenen Methoden und inhaltlichen Teilbereiche.

Insgesamt zielen unsere Ergebnisse auf ein besseres Verständnis eines für den internationalen Vergleich besonders interessanten Falles von sozialpolitischer Expansion unter autokratischen Bedingungen.