Prof. Dr. Heinz Rothgang
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SFB-Mitglied Heinz Rothgang begrüßt den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Die Stellen könnten aber nur besetzt werden, wenn die Bundesländer ihre verbindlichen Fachkräftequoten änderten.

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf beschlossen, wonach in Deutschland 20.000 zusätzliche Stellen für Hilfskräfte in der vollstationären Altenpflege über die Pflegeversicherung finanziert werden sollen. Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen soll dadurch nicht steigen.

SFB-Mitglied Heinz Rothgang, der mit Kolleginnen und Kollegen ein Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen entwickelt hat, bewertet den Gesetzentwurf positiv: „Es ist ein erster Schritt – nicht mehr und nicht weniger. Der Vorschlag an sich ist erstmal gut und in Ordnung“, sagte er im Interview mit buten un binnen. Das neue Bemessungsverfahren ergab jedoch, dass in der Langzeitpflege bundesweit insgesamt 100.000 zusätzliche Vollzeitstellen nötig sind, was einem Personalzuwachs von einem Drittel im Vergleich zu heute entspricht. „Wir brauchen in Deutschland etwa drei bis vier Prozent mehr Fachkräfte“, sagte Rothgang, „aber 70 Prozent mehr Hilfskräfte.“

Die geplante Finanzierung der 20.000 Hilfskraftstellen über die Pflegeversicherung ist eine notwendige Vorrausetzung, aber der praktischen Umsetzung stehen Regelungen auf Bundesländerebene entgegen. „In fast allen Ländern … verlangen wir einen Fachkräfteanteil unter den Pflegekräften von 50 Prozent. Wenn eine Einrichtung sie unterschreitet, drohen rechtliche Schritte und eventuell die Schließung“, sagte Rothgang im Interview. Die Bundesländer müssten daher diese Regelungen ändern, sonst riskiere man, dass die Stellen nicht besetzt würden.

Eine Verringerung der Pflegequalität erwartet Rothgang nicht, wenn die Fachkräftequote sinkt: „Wenn Hilfskräfte zusätzlich hinzukommen, ohne dass Stellen für Fachkräfte gestrichen werden, sollte das nicht zu Nachteilen führen. Wenn zusätzliche Hilfskräfte die Fachkräfte entlasten, resultiert daraus eine gestiegene Pflegequalität – bei einer sinkenden Fachkraftquote.“

Der Abschlussbericht des Projektes zur Entwicklung und Erprobung des wissenschaftlichen fundierten Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen ist am 23.09.2020 abgenommen und veröffentlicht worden.


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de