Prof. Lyle Scruggs, PhD
Prof. Lyle Scruggs, PhD
Lyle Scruggs von der University of Connecticut ist diese Woche zu Gast beim SFB 1342, um eine für unsere Teilprojekte zentrale Frage zu diskutieren: Wie lässt sich die Generosität von sozialpolitischen Programmen genauer messen und vergleichbar machen?

Diese Woche besucht Lyle Scruggs (University of Connecticut) den SFB 1342 - leider nur per Videokonferenz -, um methodische Fragen zu erörtern, die für die eigene Forschung des SFB von großer Bedeutung sind: Wie kann man die Generosität von wohlfahrtsstaatlichen Programmen messen, um einen aussagekräftigen internationalen Vergleich zu ermöglichen?

Am Mittwoch hielt Scruggs einen Vortrag zum Thema "Benefit inequality in social benefit rights", in dem er traditionelle Ansätze zur Erfassung der Großzügigkeit von Sozialleistungen (z.B. Messung der Ausgaben für Sozialprogramme pro Kopf oder relativ zum BIP; Ersatzraten für einen "typischen Verdiener") und deren Unzulänglichkeiten diskutierte: Solche weit gefassten Perspektiven vernachlässigen die Stratifikation vieler Sozialprogramme, die bestimmte Gruppen privilegieren oder den Durchschnittsverdiener als Bezugspunkt nehmen. Ein Beispiel: Die durchschnittliche Ersatzquote eines Sozialversicherungsprogramms ist alles andere als ein idealer Indikator für die Bewertung der Großzügigkeit des Programms, da die Aussagekraft der gezahlten Leistung je nach Haushaltstyp unterschiedlich ist: Eine Ersatzrate einer Arbeitslosenversicherung von, sagen wir: 60 % mag für einen Ein-Personen-Haushalt recht komfortabel sein - für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Alleinverdiener, geschweige denn für Alleinerziehende, stellt sie jedoch eine erhebliche Herausforderung dar.

Es wird wahrscheinlich nie möglich sein, die Großzügigkeit von Sozialschutzprogrammen anhand einer Handvoll Indikatoren perfekt abzubilden. Die Arbeit von Lyle Scruggs versucht jedoch zumindest, sich diesem Ideal anzunähern: Sein Comparative Welfare Entitlements Project (CWEP) erhebt die Lohnersatzraten von Sozialversicherungsprogrammen in 33 Ländern und setzt sie in Beziehung zu zehn Haushaltstypen (differenziert nach der Anzahl der Personen, Erwerbstätigen und Kinder pro Haushalt sowie nach Einkommensklassen). Durch den Vergleich der verschiedenen Haushaltstypen ermittelt Scruggs ein Maß für die Ungleichheit der Sozialversicherungsprogramme.

In seinem Vortrag beim SFB 1342 kombinierte Scruggs für eine Stichprobe westlicher Industrieländer das Maß der Ungleichheit ihrer Sozialversicherungssysteme mit ihrer Lohnersatzquote für den durchschnittlichen Arbeitnehmer: Es besteht ein offensichtlicher Zielkonflikt zwischen der innergesellschaftlichen Gleichheit der Leistungen und der allgemeinen Großzügigkeit der Programme.

Die Sozialversicherungssysteme liberaler Wohlfahrtsstaaten wie Australien und Neuseeland weisen ein hohes Maß an Gleichheit bei niedrigen Lohnersatzquoten auf. Die meisten anderen Länder haben wesentlich höhere Lohnersatzquoten, aber die Leistungen sind aufgrund der starken Abhängigkeit der Leistungshöhe von den Löhnen sehr ungleich. Dänemark bildet hier eine Ausnahme mit relativ hoher Gleichheit bei relativ hohen Lohnersatzquoten. Betrachtet man die Entwicklung der letzten fast 30 Jahre, so sticht Großbritannien hervor: Die Leistungen der Sozialversicherung sind ungleicher geworden und wurden gleichzeitig gekürzt.

In einem Workshop am Donnerstag wird Lyle Scruggs mit einigen der Projekte des SFB 1342 zusammenarbeiten: Gemeinsam werden sie erörtern, wie diese Projekte die Generosität und Abdeckung von Sozialschutzprogrammen in ihrem Forschungsbereich definieren, messen und kodieren können.