Das Equal Opportunity Committee (EOC) des SFB 1342 teilt die von Seiten des akademischen Mittelbaus und den Arbeitnehmer:innenvertretungen vielfältig geäußerten Bedenken und Kritik am zwischenzeitlich zurückgezogen Reformentwurf des BMBF für das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG). Als Gremium eines großen Drittmittelverbunds hat das EOC satzungsgemäß die Aufgabe, sich mit Fragen der Gleichstellung und Anti-Diskriminierung zu befassen. Wir weisen mit dieser Stellungnahme nachdrücklich auf Probleme und Herausforderungen hin, die mit dem alten wie auch mit der geplanten neuen Fassung des WissZeitVG in Hinblick auf Gleichstellung und Anti-Diskriminierung gerade in drittmittelfinanzierten Forschungsverbünden verbunden sind:
- Fehlende Gleichstellung von Early Career-Wissenschaftler:innen bei Care Verpflichtungen
Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass mit der geplanten Reform auch für Drittmittelbeschäftigte ein Nachholen von Beschäftigungszeiten aufgrund von Elternzeit oder anderen Care-Tätigkeiten angedacht ist. Der Reformvorschlag sieht eine Ausweitung aber nur für die ersten drei Jahre der Post-Doc-Zeit vor. Die Vorschläge sind insgesamt bei weitem nicht ausreichend, um die bestehenden Missstände zu beheben. Erforderlich ist eine generelle Ausweitung auf Drittmittelbeschäftigte. Besonders zu kritisieren ist ferner die Tatsache, dass bei einer freiwilligen Reduktion aufgrund von Care-Verpflichtungen die Zeiten komplett und nicht anteilig angerechnet werden. Beispiel: Wer seine befristete Stelle aufgrund von Care-Verpflichtungen für ein Jahr auf 50% reduziert, bekommt für seine maximale Beschäftigungsdauer trotzdem das komplette Jahr angerechnet und nicht ein halbes Jahr, was fair gegenüber Personen ohne Care-Verpflichtungen wäre. Eine Reduktion aufgrund von Care-Verpflichtungen wird somit zum erheblichen Nachteil.
- Intransparente und inkonsistente Auslegung
Das WissZeitVG ist sehr kompliziert. Mangelnde Transparenz sowie unterschiedliche Auslegungen an verschiedenen Hochschulstandorten aber auch innerhalb einer Universität stellen ein großes Problem dar. In der Regel ist nicht klar, welche Zeiträume als Qualifikationszeiten bereits angerechnet wurden. Die Karriereplanung ist dadurch hochgradig unsicher. Es kostet unnötig viel Zeit und Energie, für verschiedene Szenarien jeweils einen Plan B oder C zu entwickeln.
- Intersektionale Benachteiligungen internationaler Wissenschaftler:innen
Internationale Early Career-Wissenschaftler:innen sehen sich zudem mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass belastbare Informationen oftmals nicht in englischer Sprache vorliegen. Sich in einer fremden Sprache mit der komplexen Thematik zu befassen, bedeutet ein zusätzlicher Zeitverlust. Für Personen, die keinen EU-Pass haben, erhöht sich der ohnehin schon große bürokratische Zusatzaufwand nochmals. Zusammen mit den alltäglichen Diskriminierungen, denen sich ausländische Personen in Deutschland leider nach wie vor konfrontiert sehen, entstehen intersektionale Benachteiligungen verschiedenster Art. Nicht nur ein SFB sollte ein sehr großes Interesse daran haben, weltweit Wissenschaftler:innen zu gewinnen. Daher sollte ein WissZeitVG nicht dazu beitragen, dass sich die Herausforderungen internationaler Wissenschaftler:innen weiter multiplizieren.
- Verbaute Zukunftsperspektiven innerhalb des Forschungsverbunds
Post-Docs, die aufgrund ihrer Leistungen einen SFB oder andere Forschungsverbünde in einer nachfolgenden Antragsphase als Projektleiter:innen (Principal Investigator (PI)) mitverantworten, brauchen dazu in der Regel eine Landesstelle, und zwar über die komplette Laufzeit der Förderphase. Dies sind in einem SFB vier Jahre. Ein solcher, auch für den Forschungsverbund oftmals ausgesprochen gewinnbringender Karriereweg, wird durch die geplante Neufassung des WissZeitVG nahezu unmöglich gemacht. Das Beispiel des SFB 1342 zeigt, dass es mehrheitlich Frauen sind, die als Post-Docs ein Teilprojekt als PI mitverantworten.
- Benachteiligung von Personen, die in Deutschland wissenschaftlich gearbeitet haben
Es existiert eine Ungleichbehandlung bei der Anrechnung von Qualifikationsphasen, die in Deutschland stattfanden, gegenüber den absolvierten Zeiten im Ausland, da letztere in der Regel nicht angerechnet werden. Wer seine wissenschaftliche Karriere nur in Deutschland verfolgt hat, ist gegenüber Personen mit beruflichen Stationen im Ausland deutlich im Nachteil. Dies betrifft dann erneut insbesondere Personen mit Care-Verpflichtungen, die räumlich bei weitem nicht so flexibel sind wie Personen ohne Care-Verpflichtungen.
Kontakt:
Gleichstellungsgremium: eoc-crc1342@uni-bremen.de