Ein Autor*innenteam aus Teilprojekt B04 hat untersucht, wie ASEAN, EU und Mercosur Arbeitsmigration regulieren und welche sozialpolitischen Rechte Migrant*innen eingeräumt werden. Intraregionale Ungleichheiten spielen dabei eine bedeutende Rolle.

Vor knapp zwei Jahren eröffnete Armando Barrientos die Reihe der SOCIUM SFB 1342 Working Papers. Mittlerweile ist der 20. Beitrag erschienen, in dem Friederike Römer, Eloisa Harris, Marcus Böhme und Susanne Schmidt vergleichend untersuchen, wie ASEAN, EU und Mercosur Arbeitsmigration regulieren und welche sozialpolitischen Rechte Migrant*innen eingeräumt werden: "Labor migration and migrant social protection in three regional organizations – Inequalities as a driving force?"

Das Team identifizierte für jede der drei regionalen Organisationen Meilensteinvereinbarungen zur Freizügigkeit und/oder zum Zugang intraregionaler Migrant*innen zu so­zialer Sicherung. In einem nächsten Schritt wurde für verschiedene Zeitunkte der Grad der Ungleichheit zwischen Mitgliedsstaaten sowohl im Hinblick auf das Pro-Kopf-BIP als auch auf Sozialausgaben bestimmt.

In der ASEAN-Region ist die regionale Integration in Bezug auf die Arbeitsmigration zwischen den Mitgliedsstaaten insgesamt begrenzt, schreiben die Autoren. Bestehende Abkommen seien unverbindlich und lückenhaft, und innerregionale Wanderarbeiter seien meist von Maßnahmen des Sozialschutzes ausgeschlossen. Die Nettoaufnahmestaaten lehnen es ab, sich auf Sozialschutzmaßnahmen zu einigen, die möglicherweise die Löhne in die Höhe treiben und andere Kosten verursachen würden.

Dieses niedrige Niveau der Kooperation bezüglich Migration und Sozialschutz geht einher mit einer sehr hohen intraregionalen ökonomischen Ungleichheit (gemessen am BIP pro Kopf) und einer geringeren, aber noch immer großen Ungleichheit der Sozialausgaben der Mitgliedsländer.

Der Mercosur hingegen vertritt ein sehr weitreichendes Ideal der Freizügigkeit und der offenen Grenzen und begreift Migration als ein Menschenrecht, das auch die Entkriminalisierung von Migranten ohne Papiere beinhaltet. Seit 1997 können Bürger der Mercosur-Staaten ihre in einem Mitgliedsstaat erworbenen Sozialversicherungsansprüche auf jeden anderen Mitgliedsstaat übertragen. Im Jahr 2010 wurde ein Staatsbürgerschaftsstatut unterzeichnet, das Freizügigkeit, Gleichbehandlung in Bezug auf bürgerliche, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Rechte sowie gleichen Zugang zu Arbeit, Gesundheit und Bildung durchsetzen soll.

Im Mercosur ist die wirtschaftliche Ungleichheit im Vergleich zu ASEAN und EU am geringsten, in den letzten zwei Jahrzehnten ist sie jedoch leicht gestiegen. Eine Ähnliche Tendenz ist auch bei der Ungleichheit der Sozialausgaben zu beobachten.

Im Vergleich zu den ASEAN-Staaten, aber auch zum Mercosur, ist die regionale Integration in der Europäischen Union am weitreichendsten. Im Zuge der Erweiterung ist die ökonomische Ungleichheit jedoch deutlich gestiegen, die Unterschiede bei den Sozialausgaben sind im Vergleich dazu zwar niedriger, aber dennoch relevant. Insgesamt stieg durch die EU-Erweiterung der Anreiz für Arbeitskräfte, in die wohlhabenderen Länder zu migrieren. In der Folge ist die Auslegung der EU-Bürgerrechte durch den Europäischen Gerichtshof restriktiver geworden und das Projekt "Soziales Europa" zum Stillstand gekommen. Dennoch ist die aktuelle Situation eher durch Stagnation als durch Umkehr gekennzeichnet. Die starke Pfadabhängigkeit hält die bestehenden weitreichenden Vereinbarungen aufrecht, so dass die EU nach wie vor die am stärksten integrierte der drei in diesem Beitrag verglichenen Organisationen ist.

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Weitere Informationen: SOCIUM SFB 1342 Working Paper Series


Kontakt:
Eloisa Harris
Dr. Friederike Römer
DeZIM e.V.
Mauerstraße 76
10117 Berlin
E-Mail: roemer@dezim-institut.de

Prof. Dr. Susanne K. Schmidt