Netzwerk des globalen Wettbewerbs in Exportmärkten
Netzwerk des globalen Wettbewerbs in Exportmärkten
Ivo Mossig, Hendrik Heuer, Michael Lischka und Fabian Besche-Truthe haben zwei neue Indikatoren entwickelt, um den Zusammenhang von Wettbewerb und Sozialpolitik besser untersuchen zu können. Die dazugehörigen Datensätze umfassen jährliche Verflechtungsang

Die SFB-Mitglieder Ivo Mossig, Hendrik Heuer, Michael Lischka und Fabian Besche-Truthe haben zwei Indikatoren entwickelt, die den wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen Ländern auf neue Weise abbilden. Dadurch lässt sich der Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wettbewerb und sozialpolitischen Entwicklungen genauer analysieren. Wie die Indikatoren im Detail berechnet werden, haben die vier Autoren in Band 8 der SFB 1342 Technical Paper Series beschrieben: Measuring global competition in export markets and export sectors. Im folgenden Interview erläutert Ivo Mossig in groben Zügen, worum es geht.

In welcher Hinsicht ist internationaler Wettbewerb ein Faktor bei der Diffusion von Sozialpolitik?

Ivo Mossig: Unser Sonderforschungsbereich will die Dynamik von Sozialpolitik nicht nur durch die nationale Konstellation erklären, sondern auch durch zwischenstaatliche Verflechtungen, darunter auch ökonomische. Wettbewerb wird in dem Zusammenhang in zweierlei Hinsicht - etwas kontrovers - diskutiert: Zum einen gibt es die Effizienzthese, wonach Staaten Sozialleistungen als Belastung im internationalen Wettbewerb ansehen. Die Folge sei demnach ein "race to the bottom": Um Kostenvorteile zu erreichen, werden Sozialstandards und -leistungen abgebaut. Auf der anderen Seite gibt es die Kompensationsthese: Gerade kleine Volkswirtschaften sind oftmals in hochspezialisierten Bereichen auf dem Weltmarkt aktiv. Und ihre Gesamtwirtschaft hängt sehr stark von deren Weltmarktintegration ab, weil sie keinen großen Binnenmarkt haben. Als Puffer, z.B. um unvorhergesehene Entwicklung und Schocks auf den Weltmärkten abzufedern, werden Sozialsysteme ausgebaut. Trotz dieser kontroversen Thesen ist unstrittig: Wettbewerb und dabei insbesondere ökonomischer Wettbewerb ist ein relevanter Faktor für die Entwicklung von Sozialpolitik.

Wie operationalisiert ihr diesen Wettbewerb? Wie macht ihr ihn messbar?

Ivo Mossig: In der Vergangenheit diente der Grad der Handelsverflechtungen als Indikator, z.B. die Größe der Handelsströme zwischen Ländern. Wenn Land A vor allem Kaffee exportiert und Land B Computerbildschirme, dann gibt es zwar globale Handelsverflechtung, aber Land A und B stehen nicht zwangsläufig im Wettbewerb zueinander, sondern ergänzen sich.

Deshalb haben wir jetzt zwei neue Indikatoren vorgelegt: Der eine Indikator bildet den Wettbewerb auf Exportmärkten ab, dafür betrachten wir die Bedeutung der einzelnen Absatzmärkte für jedes der Länder, gemessen am Exportvolumen. Wenn zwei Länder anteilig ähnliche Absatzmärkte haben, begegnen sie sich auf den Absatzmärkten als Konkurrenten. Mit einem zweiten Indikator messen wir Konkurrenz von Ländern in Exportbranchen. Wenn die Exporte zweier Länder auf ähnliche Branchen verteilt sind, dann sind sie in diesen Branchen Konkurrenten auf dem Weltmarkt: Liegen die Exportschwerpunkte auf unterschiedlichen Waren und Dienstleistungen, sind sie es nicht.

Gibt es denn große Unterschiede zwischen den beiden Indikatoren?

Ivo Mossig: Auf jeden Fall. In dem Technical Paper nutzen wir Norwegen als Beispiel, um den Unterschied plausibel aufzuzeigen: Auf Norwegens Exportmärkten sind andere skandinavische Länder die Hauptkonkurrenten, weil Norwegen viel in die EU-Länder exportiert, genauso wie Finnland und Dänemark. Wenn wir die Wirtschaftssektoren betrachten, sind Norwegens Hauptkonkurrent hingegen die Vereinigten Arabischen Emirate oder Kolumbien, weil in diesen Ländern ebenso wie in Norwegen Erdöl das überragende Exportprodukt ist.

Wie groß ist euer Datensatz?

Ivo Mossig: Der Datensatz reicht von 1962 bis 2017/2018, mit Werten für jedes Jahr. Und er deckt nicht nur die OECD-Welt ab, sondern 164 Länder. Für jedes dieser 57 Jahre haben wir einen Zahlenwert bezüglich des Wettbewerbs auf Märkten und in Exportbranchen für jedes mögliche Länderpaar, also über 13.000 Verflechtungsangaben pro Jahr und Indikator. Der nächste Schritt besteht nun darin zu analysieren, ob sich mit diesen neuen Daten das Wettbewerbsargument im Hinblick auf Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik besser erfassen lässt, wir also zu einer Schärfung des Wettbewerbsarguments beitragen können.

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Lesen Sie das Paper im PDF-Format: Measuring global competition in export markets and export sectors


Kontakt:
Prof. Dr. Ivo Mossig
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49-421-218 67410
E-Mail: mossig@uni-bremen.de