Teilprojekt B09 (2018-2021)
Transnationale Wohlfahrt. Aufstieg, Zerfall und Renaissance der Sozialpolitik in Afrika
In dem Teilprojekt (TP) sollen zentrale kausale Mechanismen der Entstehung, des Zerfalls und des Neuaufbaus afrikanischer Sozialpolitik ermittelt werden. Für den Forschungszeitraum von 1918 bis 2018 werden dazu Dynamiken und Verflechtungen zwischen Staaten, Gesellschaften und internationalen Akteuren betrachtet. Internationale (zwischenstaatliche) und transnationale (zwischengesellschaftliche) Einflüsse waren und sind besonders wichtig für die Transformationen afrikanischer Sozialpolitik. Das gilt sowohl für die Entstehung, wie für den Zerfall und für die gegenwärtige Renaissance von Sozialstaatlichkeit in Afrika. Auch nach der Kolonialzeit haben sowohl multilaterale wie bilaterale Entwicklungspolitiken sozialstaatliche Elemente zeitweise stark betont oder ihren Rückbau begünstigt. Zudem haben religiöse Organisationen wie Kirchen und muslimische Bruderschaften die Dynamiken von Sozialpolitik in Afrika mitgeprägt.
Afrikanische Akteure haben sich diese internationalen Einflüsse angeeignet und sie auf unterschiedliche Weise in die nationale Politik inkorporiert. Obwohl sich viele Gemeinsamkeiten in der Sozialpolitik afrikanischer Staaten ausmachen lassen, soll das Teilprojekt auch die strukturellen Unterschiede zwischen einzelstaatlichen Politiken erfassen und erklären. Für die erste Projektphase ist daher eine vergleichende Analyse von sechs Ländern - Ägypten, Senegal, Südafrika, Tansania, Tunesien und Uganda - in den Sozialpolitikfeldern Gesundheit, Bildung und Nahrung vorgesehen. Die Fallauswahl spiegelt die Diversität des Kontinents in kolonialen Erfahrungen, postkolonialen Entwicklungswegen, internen bewaffneten Konflikten bzw. friedlichen Konfliktregelungen und in seiner internationalen Einbettung wider. Durch historisch-vergleichende Fallstudien sollen wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den Entwicklungsdynamiken beschrieben und erklärt werden. Wegen des defizitären Forschungstandes muss in längeren Feld- und Archivaufenthalten empirisches Material gesichtet und ausgewertet werden, damit maßgebliche Erklärungsfaktoren ermittelt werden können.