Dr. Nils Düpont
Dr. Nils Düpont
Nils Düpont war für Teilprojekt A01 mehrere Wochen in Göteborg, um die Zusammenarbeit mit dem schwedischen Demokratieforschungsinstitut voranzubringen. Was er sich davon verspricht, erzählt er im Interview.

Du warst im Sommer für einige Zeit als Gastwissenschaftler am V-Dem Institute in Göteborg, das sich die Aufgabe stellt, Demokratie weltweit zu vermessen. Aus deinem Aufenthalt ist nun eine Kooperation zwischen unserem SFB und dem V-Dem Institut entstanden. Wie kam es dazu?

Meine Aufgabe im SFB ist unter anderem, Informationen zu sammeln über nationalstaatliche und insbesondere politische Variablen. Mein persönliches Interesse gilt da vor allen Dingen den Parteien und ihrer Ideologie bzw. Verortung und die Frage, welchen Einfluss das auf die Einführung und Ausbreitung von Sozialpolitik hat. Bislang gibt es dazu wenig Daten, die weit zurückreichen oder einen globalen Scope haben. Aus diesem Grund hatte ich angefangen, mit Holger Döring, einem Kollegen am Lehrstuhl von Philip Manow, zusammenzuarbeiten und Daten zu erheben, im ersten Schritt über Wahlergebnisse und Parteien in allen Ländern, die wir im SFB untersuchen – von 1880 bis heute. Holger hatte schon länger Kontakt zu Anna Lührmann vom V-Dem-Team. Sie ist dort Deputy Director und hatte ein neues Projekt angestoßen, wo sie bei ihrer Untersuchung bis auf Parteiebene gehen wollten. Es war schnell klar, dass die Daten, die wir am SFB erheben und zum Großteil schon validiert hatten, eigentlich die Basis darstellen für das, was V-Dem vorhatte. Und über diese Verbindung kam dann die Kooperation zustande.

Was trägt der SFB also in der Kooperation bei?

Wir liefern Informationen über Wahlen, Parteien und Wahlergebnisse aus aller Welt seit 1880. Diese Daten bilden die Grundlage für das V-Party-Projekt. Und auf Grundlage dieser Daten wird auch gesteuert, für welche Parteien und welches Jahr die Experten anschließend Fragen zu den Parteien, ihrer Ideologie und ihren organisationalen Merkmalen bekommen.

Und was bekommt der SFB?

Das Entscheidende ist, dass wir damit für Parteien teilweise erstmalig überhaupt Informationen über ihre Ideologie oder einige organisationelle Merkmale bekommen, die bislang so noch gar nicht im Fokus der Parteienforschung stehen. Auch in der Parteienforschung haben wir nämlich - analog zur Sozialpolitikforschung im SFB - einen relativ starken OECD-Bias. Lateinamerika ist noch relativ gut erfasst. Sobald man dann aber nach Afrika oder Asien schaut, wird es spärlicher mit Expertise, Informationen und Analysen. Und das Schöne an V-Dem ist ja, dass sie dieses globale Netzwerk an Experten haben, der Survey jetzt schon ein paar Jahre läuft und wir damit auch an Experten kommen, die uns solche Parteien einschätzen, für die wir bislang noch wenig bis gar keine Informationen haben. Diese Informationen helfen uns, die Parteien überhaupt ideologisch einzuschätzen. Und zusammen mit den von uns erhobenen Informationen über beispielsweise die Stärke im Parlament lassen sich dann unabhängige Variablen kreieren für die Sozialpolitikforschung und die Frage: Welchen Einfluss haben Parteien auf die Einführung oder Ausbreitung von Sozialpolitik? In der Summe kriegen wir also für den SFB Informationen zurück, die wir als Variablen im Stile der sogenannten Partisan Politics testen können.

Was hast du konkret gemacht in Göteborg bei V-Dem?

Im Wesentlichen haben wir konzeptuell ein paar Dinge besprochen und die Daten, die wir bislang erhoben hatten, noch einmal harmonisiert. Diese vorläufigen Daten haben wir anschließend zum Validierungscheck an Länder- und Regionsexperten geschickt. Insgesamt konnten wir also während meines Aufenthalts den ersten Grundstein legen, auf dem wir jetzt weiter aufbauen.

Mit wem hast du in Göteborg zusammengearbeitet?

Im Wesentlichen mit Anna Lührmann, die auch das V-Party-Projekt leitet. V-Party ist angelehnt an V-Dem, an die Methodologie und das ganze Setup. Das Besondere dabei ist, dass V-Dem bislang immer auf einer makro-quantitativen Land-Jahr-Logik basierte und es mit V-Party das erste Mal ein Projekt gibt, das in die Länder hineingeht, also eine Ebene tiefer. Das bringt natürlich ganz eigene Schwierigkeiten in der Datenerhebung mit sich. Aber die Zeit war reif, diesen Versuch zu wagen. Anna Lührmann ist als Projektleiterin die zentrale Figur, die auch das Expertennetzwerk zusammenhält.

Was kann man von dem Survey erwarten?

Die Vorbereitung für den Survey geht jetzt in die heiße Phase. Nachdem die Plausibilitätsprüfung und Validierung durch die Regionsexperten durch ist, haben wir das Feedback eingearbeitet und damit die Datenerhebung praktisch abgeschlossen. Parallel wird gerade der Technische Stack aufgesetzt, dass der Survey dann im Januar ausrollen kann. Dazu werden gerade noch die letzten Experten rekrutiert. Die können sich dann auf einer Web-Plattform einloggen und bekommen die entsprechenden Informationen angezeigt. Dafür ist es ganz wichtig, dass die Rohdaten korrekt sind, damit die Coder dann auch das Richtige sehen und damit was anfangen können. Wenn alles gut läuft, sollte der Survey im Januar abgeschlossen sein. Dann beginnt bei den V-Dem-Leuten der übliche Prozess: Datenbereinigung und Aufbereitung. Wir hoffen, dass im Frühjahr nächsten Jahres die Daten soweit fertig sind, dass man erste Analysen machen kann. Und dass wir dann ein bisschen mehr erfahren über Parteien in der Welt, über die wir bislang wenig bis gar nichts wissen.


Kontakt:
Dr. Nils Düpont
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-57060
E-Mail: duepont@uni-bremen.de